Elinchrom ONE. Meine ersten Erfahrungen mit dem ersten All-in-one-Gerät des Schweizer Blitz- und Lichtformerherstellers. / by Alex Kaiser

Alle, die bei diesem Beitrag gelandet sind, eint wohl eines: Das Interesse, ob der Elinchrom ONE-Blitz sein Geld wert ist. Die Frage lässt sich meiner Meinung nach leider nicht eindeutig beantworten. Denn es kommt drauf an.

Aber erstmal zur Idee des Geräts an sich.

Die ist nicht neu. Wir kennen akkubetriebene Hochleistungsblitze schon längere Zeit. Broncolor bietet die Siros-Serie an, Profoto die überaus beliebten B-Serie-Geräte wie den B1, B1X, B10 und, und, und… Elinchrom hat sich aber scheinbar etwas schwerer getan, etwas ähnliches zu produzieren. Ein Monolight, also ein Gehäuse, das neben Blitzgenerator und Blitzeinheit auch noch einen Akku in einem einzigen, kompakten Gerät vereint. Bisher setzten die Schweizer nämlich auf die “klassische” Variante: Ein Generator inklusive (wechselbarem!) Akku und einen per Kabel verbundenen Blitzkopf.

Viele, vor allem herkömmlich per Strom aus der Steckdose betriebene Blitze funktionieren so. Ein Vorteil ist die Möglichkeit, mehrere Blitze aus einer Generatoreinheit zu betreiben und steuern zu können. Vor allem das geringe Gewicht des eigentlichen Blitzkopfes ist es aber, das an diesem System durchaus Sinn macht. Denn ganz oben am Stativ angebracht neigt ein Blitzkopf mit geringerem Gewicht natürlich viel seltener zum Kippen und Umfallen. Und wenn’s doch mal passiert ist ein schwerer Blitz viel schneller zerstört als ein kleiner - leider zähle ich auch das zu meinen selbst erlebten Erfahrungen.

Die aktuelle ELB-Serie, die der älteren Ranger-Serie nachgefolgt ist, baut exakt auf diesem System auf. Und das durchaus sinnvoll. Vom ELB 400 mit 424 Wattsekunden Ausgangsleistung, der inzwischen scheinbar vollständig vom aktuelleren ELB 500 (500Ws) abgelöst wurde bis zum “großen” ELB 1200 (1200 Ws). Ein Generator mit Akku, ein Blitzkopf und dazwischen ein Kabel. Super, oder?

Ja eh. Aber das mit der Portabilität, ist dabei halt so eine Sache. Meistens, wenn’s nicht unbedingt notwendig ist, versuche ich mit einem Licht auszukommen. Das geht dann einigermaßen. Man hat eben das Akkupack, das man sich mit der praktischen Schlaufe wirklich toll um die Schulter hängen kann. Die andere Hand trägt das Stativ mit dem montierten Blitzkopf und Lichtformer. Ahja, dann war da noch die Kamera. Und dann hängt dann immer dieses Kabel. Achtung, Tür. Dann ein enger Gang mit viel Deko. Aufpassen mit dem Kabel. Ist der Lichtformer jetzt schon durch den Türrahmen durch? Warte mal, kannst u mir kurz die Kamera abnehmen? Oder nein, nimm lieber das Stativ. Aber bleib nah bei mir - du weißt, das Kabel… Und wie sich das dann mit zwei an den Generator angeschlossenen Blitzen inklusive Stativen und Lichtformern verhält, kann man sich dann ausmalen.

Man könnte natürlich jetzt auch argumentieren, dass das am User liegt. Möglich. Aber letztlich wird das ELB-System halt doch als “portable” Lösung vermarktet. Und das ist es nicht zu hundert Prozent. Nicht falsch verstehen - ich finde die Produkte prinzipiell 1A - absolut verlässlich, tolle Leistung, sowohl was Lichtoutput als auch Batterielebensdauer anbelangt. Aber falsch positioniert. Studiolösung ohne auf Steckdosen angewiesen zu sein: JA! Portabel: mehh…

Und genau da setzt der Elinchrom ONE an. Wie die Produkte des Mitbewerbs setzt der neue Blitz aus der Elinchrom-Familie wirklich auf hundertprozentige Portabilität. Mit Erfolg.

Das Ding wird in der Werbung verglichen mit einem 70-200 mm-Objektiv. Zurecht. Es ist tatsächlich kaum länger, wenn natürlich auch bulliger. Dicker. Sozusagen. Ich würde eher den Vergleich mit einem Weinkühler nehmen, aber gut - sind halt Schweizer und keine Franzosen oder Österreicher. Das Packmaß an sich ist also schon mal total ok. Der direkt integrierte Stativ-mount wirkt sehr wertig und robust. Nicht vergleichbar mit dem des alten ELB 400-Kopfes, der bei mir leider nach kurzer Zeit abgebrochen ist. Ich denke, diese Befestigung hält einiges aus. Auch dass die Blitzröhre nun unter einer Schutzhülle aus Glas (denk ich?!) verborgen ist, macht einen sehr belastbaren Eindruck.

Designtechnisch lässt sich der ONE auch absolut nichts vorwerfen. Schlicht, so viele Öffnungen und Knöpfe wie nötig, so wenige wie möglich. Ein Elinchrom-Logo, das hintergrundbeleuchtet ist auf dunkelgrauem Hintergrund wirkt zusätzlich edel. Ganz nebenbei ist das mehr als ein Gimmick: Beim Einsatz mehrerer Einheiten ist an der Farbe des Logos erkennbar, welches Licht in welcher Gruppe verwendet wird. Cool.

Aber was taugt der ONE nun wirklich im Einsatz?

Zu allererst: Das geringe Packmaß und Gewicht sind exakt das, was ich mir schon lange gewünscht habe. Und mich, ehrlich gesagt, veranlasst hat, mit den Alternativen des Mitbewerbs zu spekulieren. Stativ aufgestellt, Blitz ausgepackt und raufgeschraubt. Fertig. Ganz einfach, keine Kabel, nichts. Blitz einschalten und anhand des recht schnell und intuitiv erlernbaren Menüsystems so eingestellt, wie man’s braucht. Licht positionieren, Feuer frei. Recht schnell habe ich mich allerdings dort gefunden, wo ich befürchtet habe, mich zu finden: Bei voller Power. Im Outdoor-Einsatz bei normalem Tageslicht zeigt sich nämlich das einzige, wenn auch recht deutliche Manko des Blitzes: Die etwas knapp bemessene Power.

Die von Elinchrom angegebenen 131 Ws müssen schlau eingesetzt werden. Leider ist es nicht möglich, wie gewohnt die hervorragenden Lichtformer wie beispielsweise das Deep Rotalux mit zwei Diffusorebenen so zu verwenden wie bisher. Man muss einfach näher ran. Theoretisch - könnte man meinen - würde es reichen, die ISO-Werte an der Kamera etwas nach oben zu schrauben. Mit den heutigen Kameras, vor allem der Canon EOS R5 ist das (für mich) kein großes Problem. Die Balance wird dadurch aber nicht leichter. Natürlich wird dann auch die Belichtung des Hintergrunds dementsprechend heller. Und wenn man schon bei 1/200 s - und damit der kürzest möglichen Synchronzeit - angelangt ist, verändern sich die Anteile des natürlichen Lichts und des Lichts vom Blitz äquivalent.

Das ist ein Faktum, dass Elinchrom natürlich auch selbst bewusst ist. Argumentieren sie doch damit, dass der ONE optimalerweise mit speziellen Lichtformern wie dem Maxi White Reflector genutzt werden sollte. Das bringt zwar deutlich mehr Output, ist aber vielleicht nicht immer das stilistische Mittel der Wahl.

Sobald man sich aber dieser Schwäche bewusst ist, wird es leichter, mit dem Elinchrom ONE zu arbeiten. Was er nämlich hervorragen beherrscht: Indoor oder Outdoor bei weniger Umgebungslicht. Dort zeigt er absolut das, was man sich wünscht. Einfache, umkomplizierte Positionierung des Lichts, schnelles Arbeiten. Die Lichtqualität ist toll, sehr gleichmäßig zwischen den einzelnen Bildern.

Letztlich ist es auch die eigene Arbeitsweise, die dazu beiträgt, ob man mit dem ONE glücklich wird. Wenn die Zeit dafür reicht, dass man eine “leere Ebene” vom Stativ aus aufnimmt, erst dann die Motive und das Licht positioniert und bereit ist, mit ganz wenig Postproduktionsaufwand, die beiden Ebenen zu verbinden, kann man nämlich fast genauso schnell hervorragende Ergebnisse erzielen.

Im Indooreinsatz gibt’s eigentlich - aus meiner Erfahrung - garnichts zu meckern. Dort ist es nämlich auch leichter, die richtige Balance zwischen künstlichem und natürlichem Licht zu finden. Und es zeigt sich auch noch ein weiterer großer Vorteil des kompakten Blitzes:

Durch seine kleine Größe und vor allem der Tatsache, dass er dank seines geradlinigen Designs selbstständig stehen und liegen kann, ist er hervorragend geeignet, ihn versteckt im Bild zu integrieren. In einer Glasvitrine, einem offenen Kasten, versteckt hinter Möbeln oder sonstigem. Und damit lassen sich tolle, spannende Beleuchtungsideen realisieren.

Sollte sich jemand eine sehr technisch detaillierte Abhandlung über den Blitz gewünscht haben - sorry. Da gibt’s im Internet bereits genug dazu. Ich wollte hier wirklich meine Erfahrungen darlegen. Und mein kurzes Fazit abgeben.

Wer den ONE als seinen einzigen Blitz verwendet und meistens bei sehr viel Umgebungslicht arbeitet, der ist wohl mit den ELB 500 oder 1200 besser bedient. Wenn man allerdings auch dort nur ein Fünkchen zusätzliches Licht braucht, geht wohl auch das. Fotografiert man hauptsächlich indoor ist diese Schwäche gleichgültig. Er macht dann genau das, was man sich von ihm erwartet. Als zusätzliches Licht - für Effekte oder für den Hauch eines zusätzlichen Lichts aus einer anderen Richtung ist er sowieso perfekt geeignet - nicht zuletzt dank seiner kompakten Bauform. Ich denke, er ist die perfekte Alternative zu jedem “Strobisten”-Blitz. Er ist teurer, hat aber im Vergleich dazu viel mehr Leistung und Batteriekapazität.

Elinchrom ist ein sehr gutes, wenn auch nicht perfektes Gerät gelungen. Für mich bleibt - um meine ELB 500 vollständig zu ersetzen - nur zu warten auf den bereits angekündigten Elinchrom FIVE, der Leistungstechnisch dem erstgenannten ebenbürtig sein soll.